Capocorb Vell – Mallorcas beeindruckende talaiotische Siedlung
Im Süden Mallorcas, wo die Landschaft trocken und flach in Richtung der Steilküste von Cap Blanc ausläuft, liegt einer der faszinierendsten Orte der Insel, den kaum ein Pauschaltourist je zu Gesicht bekommt: Capocorb Vell. Was von außen wie ein unscheinbares Ruinenfeld erscheint, ist in Wahrheit ein Fenster in die Vergangenheit – genauer gesagt in die Bronzezeit Mallorcas.
Capocorb Vell ist eine der ältesten und bedeutendsten talaiotischen Siedlungen der Insel, ein Ort, der tief in der mallorquinischen Geschichte verwurzelt ist und bis heute viele Rätsel aufgibt. Wer hierher kommt, betritt eine andere Welt – weit weg vom Trubel der Küstenorte und gleichzeitig näher an den Ursprüngen Mallorcas als an jedem anderen Ort.

Was ist Capocorb Vell?
Capocorb Vell ist eine prähistorische Siedlung aus der sogenannten talaiotischen Kultur, die etwa zwischen 1300 v. Chr. und 500 v. Chr. auf Mallorca und Menorca verbreitet war. Diese Kultur ist vor allem durch ihre beeindruckenden, zyklopischen Steinbauten bekannt – die Talaiots. Das sind massive Türme oder Plattformen aus riesigen, unbearbeiteten Steinen, deren Funktion bis heute nicht vollständig geklärt ist.
Die Anlage Capocorb Vell liegt etwa 12 Kilometer südlich von Llucmajor und gilt als eine der am besten erhaltenen und erforschten talaiotischen Siedlungen auf den Balearen. Mit ihren wuchtigen Steinmauern, labyrinthartigen Grundrissen und geheimnisvollen Türmen erlaubt sie einzigartige Einblicke in das Leben vor über 3.000 Jahren.
Talaiots – Monumente einer vergessenen Kultur
Das Herzstück der Anlage sind die fünf Talaiots, die teilweise bis zu 5 Meter hoch erhalten sind. Drei davon sind rund, zwei quadratisch – Letzteres ist auf Mallorca eher selten und macht Capocorb Vell auch architektonisch besonders. Man geht davon aus, dass diese Türme Zentren der Gemeinschaft waren – möglicherweise mit religiöser, militärischer oder politischer Funktion.
Die Bauweise ist beeindruckend: Die Steine wurden ohne Mörtel aufgeschichtet, teilweise mehrere Tonnen schwer, und trotzdem halten die Mauern seit Jahrtausenden Wind, Regen und Sonne stand. Umgeben sind die Talayots von Wohnhäusern, teils mit kleinen Innenhöfen, steinernen Türschwellen und Spuren einstiger Dächer.
Wer durch das Gelände geht, kann sich gut vorstellen, wie die Bewohner einst hier lebten: in einfachen Behausungen, gemeinsam um den Talayot herum, mit Feuerstellen, Speicherräumen und vielleicht sogar kleinen Werkstätten.
Eine der ältesten Siedlungen Mallorcas

Capocorb Vell ist nicht nur ein touristisches Ziel, sondern auch ein Ort wissenschaftlicher Forschung. Erste Ausgrabungen fanden bereits in den 1920er-Jahren statt – vor allem unter der Leitung des Historikers Mn. Josep Colominas i Roca, der das Gelände systematisch untersuchte. Er war es auch, der den Begriff „Capocorb Vell“ („die alte Kupferkappe“) prägte.
Im Laufe der Jahrzehnte wurden mehrere Gebäude, Werkzeuge, Keramiken und Reste menschlicher Besiedlung freigelegt. Einige Funde sind heute im kleinen Museum am Eingang der Anlage zu sehen, andere im Museu de Mallorca in Palma.
Die Anlage umfasst heute:
- 5 Talaiots (drei rund, zwei quadratisch)
- mehr als 25 Hausgrundrisse
- Steinmauern, Wege, Höfe und Begrenzungen
- ein kleines Besucherzentrum mit Ausstellung
Besuchserlebnis: Zwischen Wind, Steinen und Stille
Capocorb Vell liegt abseits der touristischen Routen, eingebettet in die weite, fast karge Landschaft südlich von Llucmajor. Hier gibt es keine Cafés, keine Busse, keine Reisegruppen – nur Wind, Sonne, Steine und Zeit. Genau das macht den Ort so besonders.
Wenn du das Gelände betrittst, öffnet sich eine andere Welt. Zwischen uralten Steinen und niedrigen Mauern wanderst du durch eine vergangene Epoche. Die Anlage ist frei zugänglich (Eintritt wird am Eingang gezahlt), gut ausgeschildert und mit Infotafeln versehen – allerdings nur auf Spanisch und Katalanisch. Wer tiefer einsteigen will, sollte sich vorbereiten oder einen kleinen archäologischen Führer mitnehmen.
Lage & Anreise
Capocorb Vell erreichst du am besten mit dem Mietwagen. Von Palma aus sind es ca. 40 Minuten Fahrt. Die Zufahrt erfolgt über die Landstraße MA-6014, die von Llucmajor Richtung Cap Blanc führt. Nach etwa 12 Kilometern ist die Anlage ausgeschildert – Parkplätze stehen direkt vor dem Gelände zur Verfügung.
Adresse
MA 6014, Km 23
Llucmajor, Mallorca,
Balearen, Spanien
Öffnungszeiten & Eintritt
Info | Details |
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Öffnungszeiten | Täglich geöffnet (10:00–17:00), Sommer länger |
Eintritt | 3 € pro Erwachsener, Kinder frei |
Dauer des Besuchs | Ca. 45–60 Minuten |
Barrierefreiheit | Nicht barrierefrei, da naturbelassenes Gelände |
Parkmöglichkeiten | Direkt am Eingang, kostenlos |
Toiletten | Keine |
Museum | Kleines Infozentrum mit Funden & Tafeln |

Tipps für deinen Besuch
- Früh am Tag oder am späten Nachmittag ist das Licht besonders schön und die Temperaturen angenehmer.
- Sonnenschutz, Wasser und feste Schuhe sind wichtig – Schatten gibt es kaum.
- Plane auch einen Abstecher zur Steilküste von Cap Blanc ein – sie liegt nur 10 Minuten entfernt und bietet großartige Kontraste zur Siedlung.
- Wer sich tiefer für die talaiotische Kultur interessiert, kann zusätzlich Son Fornés (Montuïri) oder Ses Païsses (Artà) besuchen.
Hintergrund: Die talayotische Kultur auf Mallorca
Die talaiotische Kultur ist eine der wichtigsten prähistorischen Kulturen der Balearen. Sie entstand vermutlich als eigenständige Entwicklung auf den Inseln oder in Verbindung mit anderen bronzezeitlichen Kulturen des westlichen Mittelmeers.
Charakteristisch sind:
- Die Talaiots (Rund- und Quadratbauten aus riesigen Steinen)
- Navetes (bootsförmige Grabstätten)
- Tafoni-Häuser mit zentralem Innenraum und dicker Außenmauer
- Heilige Plätze, die vermutlich kultische Zwecke erfüllten
Auf Mallorca existieren über 300 talaiotische Fundstätten, viele davon in ländlichen Regionen. Die Kultur wurde später von den Römern verdrängt, die 123 v. Chr. die Insel einnahmen – aber ihre Spuren bleiben bis heute sichtbar.
Fazit: Capocorb Vell – Ein archäologisches Juwel im Süden Mallorcas
Capocorb Vell ist mehr als nur ein Steinhaufen: Es ist ein Ort, der Geschichte erzählt, ohne viele Worte zu brauchen. Wer sich die Zeit nimmt, die Mauern zu betrachten, über die uralten Schwellen zu treten und dem Wind zu lauschen, spürt, wie lebendig Vergangenheit sein kann.
Für alle, die auf Mallorca mehr entdecken wollen als Strände, Tapas und Nachtleben, ist dieser Ort ein absolutes Muss. Und vielleicht wird dir beim Gehen durch die Gassen von Capocorb Vell bewusst: Geschichte lebt – wenn man sie zulässt.