Mallorcas Schneehäuser in der Serra de Tramuntana

Mallorca und Schnee? Für viele ein Widerspruch. Doch in früheren Jahrhunderten spielte der Handel mit Eis und Schnee eine zentrale Rolle für die Insel – und hinterließ beeindruckende Spuren im Gebirge. Noch heute zeugen sogenannte „Cases de neu“ – Mallorcas Schneehäuser – in der Serra de Tramuntana von einem weitgehend vergessenen Wirtschaftszweig. Diese gut versteckten Bauwerke sind faszinierende Zeitzeugen, die bei einer Wanderung entdeckt werden können – und eine neue Perspektive auf das einstige Leben in den Bergen Mallorcas eröffnen.

Mallorcas Schneehäuser - Casa Neu de Galileu
Casa Neu de Galileu, Foto: Antoni Sureda, CC BY-SA 3.0
Inhaltsverzeichnis

    Was sind Mallorcas Schneehäuser und wozu dienten sie?

    Die „Cases de neu“ (katalanisch für „Schneehaus“) waren kuppelförmige, gemauerte Speicher aus Naturstein. Sie wurden in Höhenlagen ab ca. 900 bis 1.300 Metern gebaut, in Gebieten, in denen im Winter regelmäßig Schnee fiel. Der gefallene Schnee wurde von Hand oder mit Schlitten eingesammelt, in die Schneehäuser transportiert, dort mit Stroh gepresst und verdichtet – eine frühe Form der natürlichen Kühltechnik.

    Die Schneehäuser wurden so konzipiert, dass der Schnee über Monate hinweg haltbar blieb. Im Sommer wurde das Eis dann in Blöcken zur Küste oder nach Palma de Mallorca transportiert, wo es vielfach genutzt wurde:

    • Zur Kühlung von Lebensmitteln und Getränken
    • Für die Herstellung von Speiseeis und Getränken für Wohlhabende
    • Als medizinisches Hilfsmittel, z. B. zur Fiebersenkung oder Wundbehandlung
    • Zur Versorgung von Krankenhäusern, wie dem Hospital General in Palma

    Ein Block Schnee war ein Luxusgut – seine Lieferung bis nach Palma konnte mehrere Tage dauern und erforderte eine funktionierende Logistik.

    Die Geschichte des Schneehandels auf Mallorca

    Vom 17. bis ins späte 19. Jahrhundert war der Handel mit Schnee auf Mallorca ein bedeutender Wirtschaftszweig. Die Arbeit war hart und gefährlich – ausgeübt von sogenannten „Nevaters“ (Schneesammlern), die während der Wintermonate in der rauen Umgebung lebten. Sie sammelten Schnee mit Holzwerkzeugen und Schaufeln, füllten ihn in große Schächte und verdichteten ihn Schicht für Schicht.

    Diese Männer lebten oft wochenlang in einfachen Steinhütten und waren auf gute Wetterbedingungen angewiesen. Ihre Arbeit war nicht nur entbehrungsreich, sondern auch gefährlich: Lawinen, eisige Temperaturen und steile Abhänge machten den Alltag riskant.

    Mit dem Aufkommen künstlicher Kühlung und moderner Eistechnik verlor der aufwendige Schneehandel schließlich an Bedeutung. Um 1900 wurde der letzte Handel offiziell eingestellt. Zurück blieben über 30 Schneehäuser in der Serra de Tramuntana – viele davon vergessen, einige erhalten und restauriert.

    Die bekanntesten Schneehäuser der Serra de Tramuntana

    Heute kannst du viele dieser alten Speicher auf Wanderungen entdecken – eingebettet in die wilde Berglandschaft der UNESCO-geschützten Serra de Tramuntana. Die wichtigsten Standorte sind:

    Cases de Neu des Puig de Massanella

    • Auf ca. 1.300 Metern Höhe
    • Eine der größten und besterhaltenen Schneeanlagen Mallorcas
    • Besteht aus mehreren kuppelförmigen Schächten
    • Startpunkt Wanderung: Kloster Lluc

    Cases de Neu de Son Macip

    • Am Fuß des Puig Major
    • Teilweise eingestürzte, aber gut erkennbare Bauwerke
    • Beeindruckende Lage mit Panoramablick
    • Auf dem Weg von Cúber Richtung Coma de n’Arbona

    Neu de Galileu

    • In der Nähe des Coll de sa Linea bei Lluc
    • Intakte Struktur mit deutlichen Mauerresten
    • Leicht zugänglich – beliebt bei Geschichtsinteressierten
    • Ideal kombinierbar mit anderen Wanderzielen

    Cases de neu d’en Rubí

    • Weniger bekannt, abgelegen oberhalb von Bunyola
    • Teilweise überwuchert, aber authentisches Erlebnis

    Puig Tomir Schneehäuser

    • Auf dem Weg zum Puig Tomir
    • Mehrere kleinere Anlagen inmitten dichter Wälder
    • Besonders atmosphärisch im Frühling und Herbst

    Wander-Tipps zu den Schneehäusern

    RouteStartpunktLängeSchwierigkeitHighlights
    Lluc – Puig de MassanellaKloster Llucca. 12 kmMittel bis schwerSchneehäuser, Aussicht, unberührte Natur
    Coll de sa Batalla – GalileuColl de sa Batallaca. 6 kmMittelSchneehäuser, alte Wege, Kiefernwald
    Cúber – Son Macip – Coma d’ArbonaParkplatz Cúberca. 8 kmMittel bis schwerPuig Major-Blick, verlassene Schneeanlagen
    Orient – Cases de RubíDorf Orientca. 5 kmLeicht bis mittelEinsamkeit, kaum begangene Pfade

    Tipp: Gute Wanderschuhe, GPS oder Wander-App und Wasser sind unerlässlich. Im Winter kann es auf den Höhenlagen glatt oder vereist sein.

    Naturerlebnis & Fotoparadies

    Mallorcas Schneehäuser liegen oft an besonders abgeschiedenen, naturbelassenen Stellen. Wer die Tour zu einem der Cases de neu wagt, wird belohnt mit:

    • Stiller Berglandschaft ohne Touristenmassen
    • Panoramaaussichten über die gesamte Tramuntana
    • Seltenen Pflanzenarten wie wildem Wacholder und endemischen Enzian
    • Vögeln wie Schwarzmilane, Mönchsgeier und Turmfalken

    Für Fotografiebegeisterte bieten die Bauwerke mit Moos, Felsen und Lichtstimmungen ein unvergleichliches Motiv – besonders im Morgen- oder Abendlicht.

    Anreise & Besuchstipps

    • Beste Reisezeit: Frühling (März–Mai) und Herbst (September–November)
    • Anfahrt: Mit Mietwagen über Inca, Lluc, Sóller oder Escorca – je nach Zielgebiet
    • Parkmöglichkeiten: Parkplätze bei Lluc, Cúber-Stausee, Coll de sa Batalla oder im Ort Orient
    • Ausrüstung: Feste Wanderschuhe, Kleidung im Zwiebellook, Wasser, Sonnen- und Regenschutz
    • Verpflegung: Unterwegs keine Versorgung – Proviant mitnehmen!

    Achtung: Einige Wege führen durch Privatgelände oder Militärzonen – lokale Hinweise beachten oder mit einem zertifizierten Guide wandern.

    Weiterführende Links & Infos

    Fazit: Mallorcas Schneehäuser

    Mallorcas Schneehäuser sind mehr als nur steinerne Relikte – sie erzählen Geschichten von Entbehrung, Klugheit und Überlebenskunst. Wer sich aufmacht, sie zu entdecken, erlebt ein Mallorca, das nichts mit Sonne, Strand und Sangría zu tun hat – sondern mit Tradition, Naturverbundenheit und vergessener Ingenieurskunst.

    Ein echter Geheimtipp – für Wanderer, Kulturliebhaber und Abenteurer.

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